Jørgen K.

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Himmelsbeobachtung.net

Verweise:

5. März 2024, rund zwei Tage nach dieser Beobachtung – Ich wiederhole mich gerne: Endlich geht es wieder los! Die letzte Polarlicht-Jagd gab es für mich zu Beginn der Weihnachtszeit, seither war es still geworden, was die Polarlichtaktivität und generell Möglichkeiten angeht, den Sternenhimmel zu betrachten. Umso schöner, dass dieses frühlingshafte Wochenende zum Märzbeginn mit einer Polarlicht-Beobachtung geendet und Lust auf ein neues Himmelsjahr gemacht hat.

Seit dem Mittag lag der Bz-Wert „kräftig“ im Minus, aber im Grunde genommen war es viel zu früh, um sich auf mögliches Polarlicht am Abend zu freuen. Schließlich drehte der Wert zum Sonnenuntergang ins Positive, Murphy lässt grüßen. In der Annahme, dass ich eventuell noch etwas abklingendes PL in der Abenddämmerung erhaschen könnte, ging es zu 19 Uhr (MEZ) unter einen dunklen Landhimmel bei Ströhen. Während der Anfahrt war es dann umso motivierender zu verfolgen, dass der Bz noch einmal ins Minus fiel, eine kleine Zugabe. Soviel vorab: Polarlicht durfte ich im Verlauf der frühen Nachtstunden beobachten, bzw. zu meiner Freude auch dessen (visuelle) Begleiterscheinungen, hier vorab ein paar Daten:

Standort: bei Ströhen, Niedersachsen (ca. 52.6°N)
Beobachtungszeitraum: 19:18 – 21:04 MEZ
Max. Helligkeit des Polarlichts: deutlich visuell
Erscheinungsbild: Grüner Polarlichtbogen (visuell), zwischendurch mit roten Strahlen (fotografisch), zeitweise RAGDA-Phänomen mit von Ost nach West ziehenden Flecken (deutlich visuell) (EDIT: wahrscheinlich doch keine RAGDA-Aurora, sondern ein zerfallender grüner Bogen, siehe Beitrag von Michael), zudem zeitweise SAR-Bogen (leicht visuell).
Hinweis: Zenitregion sternklar, bei ansonsten eingetrübter Durchsicht in Richtung Horizont (bodennaher Dunst und hohe Wolken)

Ankunft am Beobachtungsort, ca. 19 Uhr: Von der Landstraße ging es auf einen geschotterten Feldweg, positioniert unweit der Straße. Die Nautische Dämmerung setzte ein, vereinzelte Zirruswolken zeichneten das Firmament und erste Himmelsobjekte des sich verabschiedenden Wintersternenhimmels wurden sichtbar. Die Durchsicht auf Himmel und Landschaft war eher dunstig, während es zunehmend kälter wurde und erstes Wild mit seinen Rufen die Nacht einläutete. Ein Blick zum Himmel über mir: Sternenklar. Schnell setzte ich die Kamera auf das Stativ, richtete sie auf den Nordhorizont und konnte direkt eine Grünfärbung feststellen, welche noch unter starkem Eindruck der Dämmerung stand. Ein Blick in den Nord-Westen:

Mit der fortschreitenden Dämmerung wurde das Polarlicht intensiver, war über dem abziehenden Zirrus und dem Dunst im Norden leicht visuell sichtbar und veränderte scheinbar seine Form. Schließlich war mir rund um 19:35 MEZ klar, dass ich es hier mit einer RAGDA-Aurora zu tun hatte, da mittlerweile deutlich visuelle, grüne Flecken am Nordhorizont von Ost nach West wanderten:

(EDIT: wahrscheinlich doch keine RAGDA-Aurora, sondern ein zerfallender grüner Bogen, siehe Beitrag von Michael)

Beim Verschwinden dieser „grünen Flecken“ im westlichen Teil des Polarlichtbogens, wurden rote Strahlen im höheren Teil der Atmosphäre sichtbar, siehe linke Bildhälfte:

So weit, so schön. Bei einem Kaffee „überwachte“ ich das Geschehen am Nordhimmel, welches sich nach und nach beruhigte und sich das Gesamtbild der Polarlicht-Erscheinung in ein zurückhaltendes und leicht visuell-farbloses grünes Leuchten wandelte.

Nach längerer Zeit dann der Blick auf den Monitor der Kamera, welche mit einem recht weitwinkligen Objektiv (24mm an Vollformat) bestückt war. Die Feststellung: Intensive Rottöne am oberen Bildrand, der Brennweite entsprechend hochreichend?! Schnell wurde die Kamera gen Zenit gerichtet. Ich konzentrierte mich auf den Himmel, dann spielten auch die Augen mit: Visuelle Rottöne in Zenit-Nähe! Angesichts einer derweil schwächelnden PL-Aktivität in Richtung Norden, eine spannende Entdeckung. Mit dem Kameraauge tastete ich den Himmel ab und konnte derweil auch visuell weitere Erkenntnisse gewinnen: Ein stetiges rotes Leuchten, scheinbar in Bogenform, fernab des horizontnahen, nördlichen Polarlichts – vom Westen in den Osten. Das musste der SAR-Bogen sein! Schließlich machte ich es mir zur Aufgabe, das SAR in einem 180°-Panorama abzubilden. Mit Erfolg, der Bogen war sehr gut nachzuvollziehen, während dieser in östlicher Richtung visuell eindrucksvoll (leicht visuell) und „klar begrenzt“ zu beobachten war:

Der SAR-Bogen erstreckte sich von WNW nach ONO und erreichte in etwa eine Höhe von 53 Grad (oberste nachvollziehbare Grenze in Richtung Norden), was beim Blick vom Nordhorizont in die Höhe, wie ein Zenitdurchgang des Bogens wirkte. Die Höhenangabe ist passend zu Michael Theusners Chat-Nachricht, die den Verlauf des Bogens „durch den Polarstern“ am Standort Hamburg beschrieben hatte (Gedächtnisprotokoll). Die gute Sichtbarkeit des Bogens in Richtung Osten, dürfte der verhältnismäßig geringen Lichtverschmutzung in diesem Himmelsareal geschuldet sein.

Der Prozess der Beobachtung, die Entdeckung und schließlich Feststellung von SAR, war der eigentliche Höhepunkt in dieser Beobachtungsnacht und hat sie zu etwas Besonderem gemacht, hatte ich doch beim zurückliegenden großen SAR-Event zu November-Beginn keine Beobachtungsmöglichkeit.

In der folgenden Zeit verblasste der SAR-Bogen zusehends, zudem lag der Bz-Wert nun schon seit Längerem im positiven Bereich. Das war Anlass genug, den erfolgreichen Beobachtungsabend an dieser Stelle zu beenden und so noch genügend Energiegewinn für die folgende Arbeitswoche zuzulassen.

Ein letzter Blick gen Norden, leicht visuell und fotografisch deutlich: Das Polarlicht hatte definitiv noch nicht vor, allzu schnell zu verschwinden:

Schließlich kehrte ich dem abklingenden Nordlicht den Rücken und begab mich auf die Heimfahrt. Ein toller Einstieg in den Polarlicht-Frühling mittlerer Breiten, bevor die Zeit um Mittsommer die wahrscheinlich ruhigeren Bedingungen in Sachen Polarlicht einkehren lässt.