Jørgen K.

als Autor auf
Himmelsbeobachtung.net

Verweise:

Helle Polarlichtnächte über Nord- und Mitteleuropa – September/Oktober-Wechsel 2025

Zu Beginn der letzten September-Dekade 2025 ging es für uns auf eine zweiwöchige Norddänemark-Reise, bei der die Naturbeobachtung den Großteil der Zeit bestimmen sollte. Glücklicherweise waren diese beiden Wochen von einer “goldenen” Hochdruckwetterlage geprägt, die neben vielen mondlosen Deepsky-Nächten auch helle Polarlichtnächte bot. Die Zeit zuvor und auch im Anschluss an diese zwei Wochen war jeweils von starken Sturmlagen unter Tiefdruckeinfluss geprägt. Da die besagten hellen Polarlichtnächte auch in Mitteleuropa nachweisbar waren – so auch in der Heimat rund um 52° N – und größtenteils sehr beeindruckend daherkamen (Erscheinungsweise in Dynamik und Helligkeit), fasse ich diese besonderen Nächte rund um die Tag-Nacht-Gleiche im Herbst 2025 in diesem Beobachtungsbericht zusammen.

Ein Polarlicht-Vorgeschmack
zu Beginn der dritten September-Dekade

Ganze sieben Polarlichtnächte sollten uns bei 14 Tagen Reiseaktivität im hohen Norden erwarten! Den Auftakt machte bereits der 22. September 2025 – mit visuellem Polarlicht, das nachweisbar ganze drei aufeinanderfolgende Nächte anhielt.

In den fortgeschrittenen Abendstunden des 22. Septembers war ich nach Eintritt der Nacht noch “auf der Milchstraße” unterwegs und studierte begeistert die horizontnahen Strukturen unserer heimischen Galaxie, die ohne Lichtverschmutzung nahtlos in die Tiefen der Nacht übergingen. Dabei fiel mir ein heller Schein in Richtung Norden auf. Zuerst dachte ich, dass meine mittlerweile dunkeladaptierten Augen die Lichter von Vorupør wahrnehmen konnten. Das vorhandene Leuchten entsprach jedoch eher einer Kleinstadt, was wiederum so gar nicht passte. Also wechselte ich schnell den Standort, um einen freien Nordblick zu erhalten – und dort offenbarte sich ein visuelles Polarlicht! Der Höhepunkt der Aktivität war ein Substurm rund um etwa 21:50 MESZ:

In den beiden Folgenächten konnte ich an selber Stelle ebenfalls Polarlichter dokumentieren, wohl gleich mit deutlich geringerer Intensität und in fotografischer Erscheinungsweise:

In den folgenden klaren Nächten (in denen sehr wahrscheinlich auch schwache Polarlicht-Nachweise möglich gewesen wären! siehe auch: Polarlicht 2025-09-27/28 und Polarlicht 2025-09-28/29), widmete ich mich primär einigen Deepsky-Objekten am wunderbar dunklen Bortle-2-Himmel, in dessen Tiefe man sich zur Nachtzeit förmlich verlieren konnte:

So konnte ich unter anderem am 25. September 2025 am Stenbjerg Strand die Milchstraße unter perfekten Bedingungen beobachten und fotografieren – mit den sichtbaren Strukturen des galaktischen Zentrums und einem nahezu nahtlosen Übergang bis in die Nordsee! Ein derartiger Anblick ist in Mitteleuropa mittlerweile nicht mehr denkbar.

Der Startschuss für helle Polarlichtnächte ab dem 29. September 2025

CME-Randtreffer, schneller Sonnenwind und Russell-McPherron-Effekt

Zu Beginn der zweiten Woche in Norddänemark entwickelte sich eine sehr Polarlicht-trächtige Lage, welche wieder eher unerwartet daherkam: Nach Angaben von raumwetter.de wurde das Polarlicht vermutlich durch einen subtilen, aber erdgerichteten Halo-CME ausgelöst, der die Erde streifte. Parallel dazu trafen schnelle Sonnenwindströme aus den koronalen Löchern CH81 und CH82 ein. In der Interaktionszone zwischen diesen Strömen entstand eine komprimierte Struktur (SIR), die zusammen mit einer zeitweise negativen Bz-Komponente des interplanetaren Magnetfeldes besonders günstige Bedingungen für starke geomagnetische Reaktionen schuf.

Zudem fiel das Ereignis in eine Jahreszeit, in der die Kopplung zwischen Sonnenwind und Magnetosphäre durch den Russell-McPherron-Effekt ohnehin verstärkt ist: Rund um die Tag- und Nachtgleiche (Äquinoktium; März und September) kann sich das Magnetfeld des Sonnenwindes nämlich besonders gut mit dem Erdmagnetfeld verbinden – dadurch gelangt mehr Energie in die Magnetosphäre und geomagnetische Stürme werden häufiger und stärker.

So ergab sich, dass die Nächte vom 29.09.2025 bis zum 02.10.2025 wiederholt Spitzenwerte der geomagnetischen Aktivität auf G3-Sturm-Niveau erreichten:

Mittlerweile hatten wir unseren Standort für die zweite Woche in Richtung Rødhus verlagert und den Nationalpark Thy hinter uns gelassen – in erster Linie, um andere Orte und Himmel zu erkunden. Wettertechnisch hatten wir großes Glück, denn die Region rund um Vorupør war in den folgenden Nächten deutlich wolkiger als der weiter nordöstlich gelegene Teil Nordjütlands, in dem wir uns mittlerweile aufhielten (rückblickend zusammengefasst).

Polarlichtnacht 29.09. – 30.09.2025:
Wolken am Ejstrup-Strand, helles Polarlicht!

Abends hielten wir uns noch unter einem vollständig bedeckten Himmel in Aalborg auf, während ich bei der Analyse der aktuellen Datenlage zu möglichen Polarlichtaktivitäten überrascht wurde. Sofort überprüfte ich die Wolkenprognose für die Küstenregion rund um Vorupør und rechnete mir eine sehr geteilte Chance auf eine Beobachtungsmöglichkeit aus. Nordjütland war zu diesem Zeitpunkt gänzlich von Wolken bedeckt. Zur Abenddämmerung tat sich jedoch förmlich ein “Riss” in der Wolkendecke in nördlicher Ausrichtung auf, der zur relevanten Dämmerungsphase über den Ejstrup-Strand wanderte – was ein Glück!

So kam es, dass ich bereits bei späterer Ankunft (ca. 20:20 MESZ, bei einem Sonnenstand von ca. -11,5 Grad) Polarlicht in der zuvor ausgemachten Wolkenlücke erspähen konnte:

Zu diesem Zeitpunkt wurde mir unmittelbar bewusst, welches Potenzial die gegenwärtigen geomagnetischen Bedingungen in Verbindung mit meinem Standort (ca. 57° nördliche Breite) für sichtbare Polarlichter bieten könnten.

Die Bestätigung folgte mit der weiter sinkenden Sonne und Eintritt der Nacht:

Während der Zeit zwischen den Substürmen konnte ich mich der Bernsteinsuche im weiterhin hellen Polarlicht widmen. Entlang einer Linie mit Seegras, die mit dem ablaufenden Wasser am Strand liegen geblieben war, konnte ich mehrere kleine Funde verbuchen:

(Links zweifelsfrei Bernstein im UV-Licht, rechts Bernstein vs. kein Bernstein)

Rund eine halbe Stunde später setzte der nächste Substurm ein, und helle Polarlichtstrahlen wanderten langsam über den Nordhimmel:

Absolut umwerfend: Beim Blick in Richtung Dünen stellte ich fest, dass der zuvor noch dunkle Strand mittlerweile hell erleuchtet war und ich einen Schattenwurf in den Sand projizierte – ein wahrliches helles Nordlicht!

Polarlichtnacht 30.09. – 01.10.2025:
Große Zugabe am Ejstrup-Strand – helles Polarlicht!

Auch am darauffolgenden potenziellen Beobachtungsabend waren die geomagnetischen Bedingungen erneut sehr günstig, sogar unerwartet gut! Die Enttäuschung über die eher wolkige Vornacht trat schnell in den Hintergrund, da sich der Himmel nun deutlich klarer zeigte. Bereits in der fortgeschrittenen Dämmerung zeichnete sich das Polarlichtoval – der grüne Bogen – deutlich ab und ließ damit seine Position für die folgenden Nachtstunden erahnen: in etwa auf 60° nördlicher Breite, was meinen Standort erneut zu einem optimalen Beobachtungspunkt machte.

Polarlichtnacht 01.10. – 02.10.2025:
Tanz am Polarlichtoval, im leuchtenden Sand (Biolumineszenz)

Im Anschluss an die vorangegangene Beobachtungsnacht hieß es zunächst, die Erwartungen an die Folgenacht gering zu halten: Diese sollte komplett klar werden. Dass es erneut derartig schönes Polarlicht geben könnte, vermochte ich nicht zu denken. So hatten wir uns vorgenommen, den Nachthimmel am Dark Sky Park Bulbjerg zu inspizieren – ohne große Erwartungen, aber an einem erstklassigen Beobachtungsspot, an dem wir schnell den Nordhorizont im Blick haben könnten.

Mit der einsetzenden Abenddämmerung befuhren wir die Landstraßen in Richtung Westen und beobachteten die letzten Wolkenfelder bei ihrer Auflösung. Bei unserer Ankunft im Dark Sky Park war der Himmel völlig wolkenfrei, die warmen Farben der Dämmerung verblassten, und der Mond leuchtete tief am südlichen Horizont. Unser kleines Beobachtungscamp hatten wir direkt am Wasser aufgeschlagen, während sich erneut immer deutlicher ein beständig leuchtender grüner Polarlichtbogen abzeichnete.

Über eine Stunde lang beobachtete ich ein stetiges Auf- und Absteigen der Oberkante des Polarlichtbogens, wobei das Leuchten der Erscheinung von Anfang an immer deutlicher wurde. Um kurz vor 21:30 Uhr Ortszeit hatte dieser sich so sehr dem Großen Wagen genähert, wie es bisher an diesem Abend noch nicht der Fall war – und ein nahender Substurm immer wahrscheinlicher wurde.

Wenige Minuten später war es dann soweit. Mit dem Auftreten erster zaghafter Strahlen eilte ich vom Ufer über den steinigen Untergrund in Richtung Auto, um Alarm zu schlagen. Fatalerweise schätzte ich die Steigung im fahlen Mondlicht völlig falsch ein und wurde samt Kameraausrüstung gen Boden gerissen – knappe Geschichte für das Kamera-Setup und gar nicht mal so schmerzfrei für den Beobachter. Fürs Wundelcken war jedoch keine Zeit – deutlich visuelles Polarlicht im Dark Sky Park:

Die erste Aktivitätsphase an diesem Abend hatte sich schon wieder deutlich abgeschwächt, da steigerte sich das Polarlicht-Geschehen am Ufer plötzlich unerwartet schnell und erreichte rund 20 Minuten später ein umso stärkes visuelles Niveau:

Mit beeindruckender Dynamik bauten sich die Strahlen auf, standen bereichsweise still und leuchteten vor allem an der Westflanke in rötlichen Farbtönen – Hier schien das Polarlicht zeitweise still zu stehen. Ein toller Moment für ein Panorama:

In den folgenden Minuten wurden vermehrt grüne Polarlicht-Fragmente (kurze Strahlen) in größerer Höhe sichtbar:

Anschließend beruhigte sich die Polarlichtaktivität merklich.

Da der Mond am Südhorizont nun merklich an Höhe verlor, lohnte es sich immer mehr, den beständig grün-leuchtenden Bogen am Nordhorizont zu beobachten. Der Himmel am Bulbjerg war dabei so schön dunkel und bot nahezu Null Lichtverschmutzung. Ein Privileg, an einem solchen Ort die Zeit verbringen zu dürfen.

Ab kurz vor 0 Uhr Ortszeit (MESZ) setzte dann der nächste Substurm dieser Nacht ein. Diesmal beschränkte sich die Aktivität auf den eher niedrigen Horizont: In der Heimat wäre wohl schon das den Titel einer großen Polarlichtnacht wert. Vor allem die Unterkante des grünen Bogens wurde dabei immer wieder sehr hell:

Polarlichtnacht 02.10. – 03.10.2025:
Ein fotografischer Polarlicht-Abschied – nahendes Sturmtief

Schon seit Tagen zeichnete sich für die Nacht Freitag/Samstag (03.10.–04.10.2025) ein starkes Sturmtief ab, das jede mögliche Beobachtungsmöglichkeit beenden würde. Zudem wurde der Mond von Abend zu Abend voller und damit heller. All diese Bedingungen passten gut zum Ende unseres zweiwöchigen Reisezeitraums, weshalb ich mir für die Nacht von Donnerstag auf Freitag (02.10.–03.10.2025) ein letztes Mal vornahm, den Ejstrup Strand zur Nachtzeit zu besuchen.

Bei Ankunft um etwa 20:30 MESZ leuchtete der Mond hell, während der Nordhimmel größtenteils wolkenfrei war. Die Landschaft war im Vergleich zur Vornacht hell erleuchtet – dass es ein mögliches Polarlicht schwer haben könnte, war sofort klar.

So stöberte ich am Strand und schaute noch ein wenig nach Bernstein, während ich zwischendurch immer mal wieder das Stativ samt Kamera umpositionierte und ein Probefoto gen Norden anfertigte. Um etwa 21:15 MESZ hatte ich dann schließlich Erfolg: Schwaches, fotografisches Polarlicht hatte es noch einmal durch die mondhelle Nacht geschafft. Für den Bruchteil eines Moments war ich auch der festen Überzeugung, einen visuellen Polarlichtstrahl erspäht zu haben. Sei es drum, es war die siebte Polarlichtnacht bei 14 Tagen Reiseaktivität – ein fotografischer Abschluss und rückblickend eine umwerfende Aneinanderreihung großartiger Beobachtungsnächte!

In den folgenden drei Nächten dürfte die mittlerweile schwache Polarlicht-Aktivität weiter abgenommen haben, während das Tief über Nord- und Mitteleuropa nahezu keine Beobachtungsmöglichkeit mehr bot:

Quelle: https://wetterzentrale.de/, lizenziert unter https://creativecommons.org/licenses/by-nc/4.0/

Rückblick

Die hellen Polarlichtnächte des September/Oktober-Wechsels 2025 zählen zu den stärksten Polarlichtern des Jahres 2025. Ähnlich starke Polarlichter wurden in diesem Jahr zuletzt Mittel April beobachtet (Polarlicht 2025-04-16/17, G3-Sturm!). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt markiert das Jahr 2024 das vergleichsweise deutlich stärkere Polarlicht-Jahr mit zwei mächtigen G5-Stürmen in den Nächten 10.05.-11.05.2024 und 10.10.-11.10.2024.

Verweise:

https://raumwetter.de/sonnensturm-streifschuss-schneller-sonnenwind-ab-28-9/
https://www.swpc.noaa.gov/news/g3-strong-geomagnetic-storm-conditions-observed-0
https://www.swpc.noaa.gov/news/g3-strong-geomagnetic-storming-alert
https://www.spaceweatherlive.com/en/auroral-activity/top-50-geomagnetic-storms/year/2025.html?utm_source=chatgpt.com.html